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  Ein Interview mit einem indischen Musikwissenschaftler:


Teil 1 von 3


Das im Folgenden abgedruckte Interview des deutschen Sarodspielers Jens Egert mit dem Musikschriftsteller und Leiter der Musikabteilung der Bombay University, Prof. Dr. Ashok D. Ranade, vermittelt u. a. Eindrücke und Informationen über die gegenwärtige Situation der klassischen indischen Musik, deren Beziehung zu Traditionen, die Beeinflussung durch das moderne Leben und ihre Verbindung zur westlichen Kultur, die Selbstverwirklichung durch Musik und spirituelle Aspekte der indischen Musik.

Dieses Interview mag von Interesse sein für Freunde der indischen Musik, ist aber nicht nur fachspezifisch, weil es auch lebendige Einblicke in das indische Denken gibt, kulturelle Aspekte betrachtet und die Fähigkeit der Inder zur Assimilation beleuchtet.



Erfahrungen mit klassischer indischer Musik


Die Technik hat den Zugang zu fremden Kulturen erleichtert. Die modernen Kommunikationsmittel tragen dazu bei, andere Kulturbereiche kennen zu lernen. So können durch eine Erweiterung des eigenen Horizonts Vorurteile abgebaut werden. Es entwickelt sich ein besseres Verständnis für die Verschiedenartigkeiten der Musiksysteme.

Musik aus fremden Kulturkreisen bedeutet eine wertvolle Bereicherung für unser Musikerleben. Musik eignet sich besonders, erhabene Gefühle des Menschen auszudrücken. Sie ist eine Kommunikation mit der inneren Welt und gehört zu den direktesten Künsten. Die Vergänglichkeit wird durch das nicht festhalten Können der fließenden melodischen und rhythmischen Klangformen deutlich. Die Wirkung der musikalischen Sprache auf den Geist wird möglich durch offenes und waches Hören, dieses Hören soll konzentriert und aktiv sein.

Als Stipendiat des Deutschen Akademischen Austauschdienstes und der indischen Regierung hatte Jens Egert während seines einjährigen Musikstudiums in Bombay (Sarod und indischer Gesang) Gelegenheit, mit dem Musikschriftsteller und Leiter der Musikabteilung der Bombay University, Prof. Dr. Ashok D. Ranade, zu sprechen.


Jens Egert: Herr Dr. Ranade, Sie sind Leiter der Musikabteilung der Bombay University, Lehrer und auch Schriftsteller. Was sind Ihre hauptsächlichen Aktivitäten und welches ist Ihr größtes Interesse?

Ashok Ranade: Die indische Situation ist ein wenig komplex. Es gibt weniger Spezialisierung auf dem Gebiet der Musik, als man gewöhnlich annimmt. Ein Musikschriftsteller ist z.B. auch ein Sänger und ebenso ein Lehrer. All dies ist miteinander verbunden. Ich persönlich meine, dass die Zeit gekommen ist, endlich wieder zu verstehen, dass dies keine unterschiedlichen Rollen sind. Ich heiße es nicht gut, dass es eine Spezialisierung oder ein hauptsächliches Interesse in einem dieser Gebiete geben kann. Es ist vielleicht idealistisch, zu sagen, man sollte in allen drei Gebieten kompetent sein. Mich interessieren alle drei Aufgaben. Alle diese Dinge sind komplementäre Aktivitäten und beeinflussen sich wechselseitig. Wenn man ein guter Sänger werden möchte, ist es auch notwendig, dass man über Musik schreibt und darüber nachdenkt und wenn man Fundamentales über Musik verstehen möchte, gibt es nichts Besseres, als Musik zu lehren.

J.E.: Gibt es heute ein großes Interesse an indischer klassischer Musik im Vergleich zu der Zeit vor etwa 30 Jahren?

A. R.: Ich denke nicht, dass es je ein großes Interesse an indischer klassischer Musik gegeben hat. Klassische Musik hat immer einen Teil der Gesellschaft angesprochen. Obwohl solche Musik von vielen Menschen in diesem Lande geschätzt wird, haben immer verhältnismäßig Wenige an klassischer Musik Gefallen gefunden. Ihrem Wesen nach bleibt diese Musik solchen Menschen vorbehalten, die Geduld haben und über eine besondere Einstellung verfügen.

J.E.: Welches sind die Vorteile und Nachteile eines Studiums an einem Institut im Vergleich zum Lehrer - Schüler Verhältnis?

A. R.: Die Zeit ist gekommen, das Guru - Shishya Verhältnis (Guru: spiritueller Meister, kompetenter Lehrer, Shishya: Schüler, der sich vollkommen dem Guru unterordnet, um Musik zu lernen) zusammen mit den modernen audio - visuellen Hilfen und der Disziplin, in der man an einem Institut ausgebildet wird, in Übereinstimmung zu bringen. Ich selbst bin das Ergebnis einer Guru-Shishya Parampara (Parampara: Tradition als Voraussetzung für Wissen und kulturellen Fortschritt) und habe mehr als 20 Jahre von verschiedenen Gurus gelernt. Ich weiß, dass es im alten System einige Schikanen gibt und wir versuchen, diese Ärgernisse zu beseitigen. Gleichzeitig wissen wir auch, dass bis jetzt die Institute noch keine guten aufführenden Künstler hervorgebracht haben. In diesem Institut nun versuchen wir das Beste von beiden Möglichkeiten. Wir nehmen nur eine geringe Anzahl von Studenten auf, die von verschiedenen Gurus und unseren Kollegen lernen. Die Studenten arbeiten fünf Jahre mit ihnen zusammen. Wir versuchen also, die Vorteile des Guru-Shishya Systems zusammen mit den modernen Lehrmethoden zu verbinden. Wir haben theoretische Abhandlungen, die eng mit der Musikpraxis in Beziehung stehen. Der theoretische Zugang zur Musik kann dadurch auch sehr eng mit der Praxis der Musik in Verbindung gebracht werden. Dies kann nur auf der Ebene der Institute geschehen, weil es sonst schwierig ist, Experten zu finden. Ein Institut kann dazu beitragen, Dozenten aus anderen Teilen des Landes einzuladen. So werden die Studenten in beiden Aspekten in einer umfassenden Weise ausgebildet.

J.E.: Was wird sonst noch zur Förderung der indischen klassischen Musik getan?

A. R.: Zum Beispiel haben wir einen Kurs, in dem ein tieferes Verständnis für die indische klassische Musik entwickelt werden kann. Dies ist vielleicht das erste Institut, das einen regelmäßigen Kurs dieser Art anbietet, wo Vorlesungen stattfinden. Es gibt keinen praktischen Unterricht, aber es hat sich herausgestellt, dass dieser Kurs sehr beliebt ist, so dass z.B. Geschäftsführer, Manager, Professoren, Rechtsanwälte und Ärzte diesen Kurs besuchen. Wenn diese in der Lage sind, zu verstehen, was in dem Kurs gelehrt wird, können sie erkennen, was in der Musik geschieht. Dies nenne ich Förderung der Musik, abgesehen von den üblichen Seminaren, Vorlesungsserien und Musikaufführungen.

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